Da mein Mann Alija aus Bosnien-Herzegowina kommt, muss ich sagen: Es war mir schon peinlich es nach 5 Jahren geschafft zu haben, nicht einmal nach Bosnien zu reisen. Das sollte sich dann im Juli 2018 ändern. Die Strecke Deutschland–Türkei bin ich gefühlte 100 Mal geflogen. Ich war schon immer interessiert daran, die ganze Landmasse zu entdecken, die wir Balkan nennen und in ein paar Stunden Flugzeit ungesehen passieren.
Was ist eigentlich genau der Balkan? Ich muss sagen, dass ich mir bis vor kurzem kaum Gedanken darüber gemacht habe. Die Balkanhalbinsel ist insgesamt 500.000 km² groß und wird auf drei Seiten von Meeren begrenzt: dem Schwarzen Meer, dem Marmarameer, der Ägäis, dem Ionischen Meer und dann der Adria. Zum Balkan gehören ganz oder teilweise: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Griechenland und die Türkei – sogar ein kleiner Teil von Slowenien und Italien im Nordwesten.
Von den meisten Menschen wird der Begriff oft wertend gebraucht und mit dem Wort Balkan wird etwas Negatives verbunden. Balkan und Europa schließt sich dabei gar nicht gegenseitig aus: der Balkan ist ein Teil von Europa.
Wir bereisten drei Städte in Bosnien und Herzegowina. Ob die wunderschöne Natur in Jajce, die historisch höchst interessante Hauptstadt Sarajevo oder das liebevoll restaurierte Touristen-Domizil Mostar – es ist ein Land voller Überraschungen.
Naturparadies Jajce
Wir sind mit dem Auto durch Österreich, Italien, Slowenien und Kroatien runtergefahren. Als wir die Grenze von Bosnien erreichten und weiter nach Jajce fuhren, sind mir die gigantischen Felsen und Tunnel aufgefallen.
Die Stadt Jajce – ich hab mich Hals über Kopf in diese Landschaft verliebt, die glasklaren Flüsse und Seen, wo wir stundenlang gebadet haben, einfach sensationell. An Jajce sollte man nicht vorbeifahren, da die kleine Stadt sehenswert ist.
Pliva Wasserfall
In der Mitte der Stadt Jajce befindet sich der Pliva-Wasserfall. Der Wasserfall ist 17 m hoch und gilt mit seiner Lage in einer Stadt als weltweit einzigartig. So nah an einem so schönen Wasserfall zu stehen, das ist wirklich atemberaubend.
Wassermühlen
Die Wassermühlen stammen aus der osmanischen Zeit und sind im Bosnienkrieg stark beschädigt worden. Sie wurden aber restauriert und sind heute wieder zu besichtigen. Hier haben wir uns einige Stunden hingelegt und meditiert.
Pliva See
Der See ist wundervoll. Er ist nicht weit weg von der Stadt und gut zu erreichen. Zudem ist es gestattet in dem See zu baden, was ich allen empfehlen würde.
Die Festung bzw. Burg
Die Festung oder Burg von Jajce bildet das Zentrum der mittelalterlichen Altstadt. Als wir oben ankamen, war ich komplett verschwitzt, aber es lohnt sich wegen der wundervollen Aussicht.
Honig aus Jajce
Da, wo die Natur schön ist, dort schmeckt auch der Honig genial und das habe ich mir natürlich nicht entgehen lassen. Wir haben mit Familienangehörigen gesprochen und sie besorgten uns 10 Glasbehälter mit Honig. Der Honig aus Jajce schmeckt sehr gut.
Ein Tag in Sarajevo
Von Jajce bis Sarajevo dauert es mit dem Auto ca. 3 Stunden. Auf der Strecke sah ich alte, heruntergekommene Gebäuden. Das sind verlassene Ruinen, die deutlich vom Krieg gekennzeichnet sind – und zwar mit Einschusslöchern. Angekommen in Sarajevo war die Welt wieder ganz anders: gigantische Einkaufszentren, moderne Straßen, viele Shoppingmöglichkeiten und Kaffees mit freundlichen Menschen. Es ist kaum vorstellbar, dass hier vor 26 Jahren ein Krieg geherrscht haben soll.
Die Menschen, die hier leben, strahlen eine unglaubliche Lebensfreude aus, sie sind freundlich und sehr hilfsbereit.
Da wir nur einen Tag in Sarajevo waren, haben wir uns ein paar Sehenswürdigkeiten angeschaut. Gleich am Anfang wollte ich die Nationalbibliothek Vijećnica sehen. Während des Sarajevokriegs wurde diese Bibliothek schwer beschädigt. Sie war am Ende quasi eine Ruine. Mehr als 2 Millionen Bücher verbrannt! Mit Förderungsmitteln wurde die Bibliothek ab 1996 restauriert und voilà, ein prachtvolles Gebäude. Ich war erstaunt.
Als zweites wollte ich Bascarsija sehen. Wundert euch nicht, wenn ich beim Schreiben immer „ich… ich…“ sage: Mein Mann hatte die Stadt schon vorher gesehen. Also haben wir genau das gemacht, was ich wollte. Schließlich haben wir nur einen Tag gehabt.
Die Bascarsija ist einzigartig in Europa und stellt das alte osmanische Zentrum der bosnischen Hauptstadt dar, was einen starken Kontrast zur restlichen Stadt darstellt. Genau das macht eine Stadt besonders, diese unterschiedliche Atmosphäre zwischen Geschichte und modern. Überall sind Theken mit Kuchen und anderen Leckereien, ich bin ausgeflippt. Und klar als Schleckermaul musste ich natürlich alle diese Köstlichkeiten probieren. In der Mitte des Platzes steht seit über 260 Jahren der wunderschöne Sebilj-Brunnen.
In Sarajevo ist man im Zentrum Bosniens und hier ist die Kultur viel stärker. Das Essen in Sarajevo ist sowieso der absolute Wahnsinn. Hier gibt es viel Fleisch, hauptsächlich Rind, noch mehr Käse und natürlich hausgemachte Fladenbrote. Cevapcici haben mir nirgends so gut geschmeckt wie im Zentrum Bosniens. Zu den kleinen Röllchen werden meistens noch eine Art Sahnecreme (Kaymak), Zwiebeln und das leckere Fladenbrot serviert.
Als mein Mann satt war, war das die beste Gelegenheit, einkaufen zu gehen. Wenn ihr mal in Sarajevo seid und einkaufen möchtet, besucht das Einkaufszentrum SCC mit über 100 Einkaufsläden. Einkaufen in Sarajevo ist viel günstiger als bei uns in Deutschland, außer natürlich in den exklusiven Shops auf der Einkaufsstraße.
Das Derwischkloster Blagaj an der Bunaquelle
Bevor wir in Mostar ankamen, wollten wir den Ort Blagaj erkunden. Ganz früher hatte ich in der Türkei eine Reportage darüber gesehen und meine Familie schwärmte immer davon. Deshalb war die Stadt vor allem für mich hoch interessant. Die Tekke auf der Buna-Quelle wurde im 17. Jahrhundert für die Bedürfnisse der Derwische gebaut und gilt heute als der geheimnisvollste Ort in ganz Bosnien und Herzegowina. Falls ihr nicht wisst, was Derwische sind:
Das sind Angehörige einer muslimischen Ordensgemeinschaft, die für Bescheidenheit und Disziplin bekannt ist. Derwische praktizieren den Sufismus und gelten als Quelle der Klugheit, der Heilkunst, der Poesie, der Erleuchtung und der Weisheit.
Deshalb sind hier sehr viele Muslime und beten. Die Tekke wurde sehr interessant gebaut, nämlich in einer Felswand-Nische. Daneben befindet sich die Quelle der Buna-Fluss, die zu den stärksten Quellen in Europa gehört. Wenn ihr mal nach Mostar fährt, besucht auf jeden Fall Blagaj. Die Bauten und die Natur sind sensationell. Ein Ort der Ruhe.
Mostar
Danach erreichten wir Mostar, die Hauptstadt der Region Herzegowina. Nach dem Einchecken im Hotel wollten wir gleich die Altstadt von Mostar erkunden. Mostar war von Anfang an ein Highlight für mich. Übrigens hat mich die Stadt sehr an Safranbolu in der Türkei erinnert.
Bosnien-Herzegowina wurde in der Vergangenheit viel gebeutelt. Umso schöner ist es zu sehen, dass die Einwohner trotzdem unverzagt ihr Land wiederaufgebaut haben. Und das in voller Pracht: Die Altstadt von Mostar ist so wunderschön. Entlang buckliger Steinstraßen befinden sich Steinhäuser, wo handgefertigter Schmuck, Handtaschen und orientalische Gegenstände verkauft werden. Ganz in orientalischer Tradition sitzen die Leute am Straßenrand, trinken Mokka und genießen das Leben.
Als wir dann um eine Kurve biegen, liegt sie vor uns: Stari Most, die alte Brücke. Die Brücke ist Mostars Wahrzeichen und wurde erbaut vom osmanischen Architekten Mimar Hayreddin im Auftrag des damals bedeutendsten Osmanen-Herrschers Sultan Süleyman I.
Mimar Hayreddin war der Schüler des bedeutendsten osmanischen Architekten Mimar Sinan. Er gilt als einer der größten Architekten aller Zeiten und baute damals 433 Häuser, über 150 Moscheen, 52 Schulen, 48 Hamams, 9 Brücken, 12 Grabstädten, 94 Suppenküchen, 122 Krankenhäuser, 222 Wasserstraßen, 60 Paläste.
Diese Brücke überstand sehr viele Kämpfe und Auseinandersetzungen, Erdbeben und andere Naturereignisse. 1993 wurde die Brücke während des Bosnienkrieges von einer Granate getroffen und stürzte ein. Den Wiederaufbau der Brücke übernahm die türkische Firma ER-BU mit finanzieller Unterstützung von UNESCO und Weltbank.
Die Stari Most ist übrigens ca. 19 Meter hoch. Deshalb probierten wir eine andere Perspektive und gingen unter die Brücke. Von hier unten wurde uns die Höhe der Brücke erst so richtig bewusst. Wir wollten sofort Fotos schießen und merkten plötzlich, wie hunderte Menschen sich neben uns und auf der Brücke versammelten. Klar, da kommt ein Brückenspringer und gegen „etwas“ Geld springt er vom höchsten Punkt der Brücke in die eiskalte Neretva. Brückenspringen ist hier ein sehr beliebter Volkssport. Im Sommer finden hier Meisterschaften statt, zu denen Teilnehmer aus ganz Europa anreisen. Apropos Europa: ich war über den Tourismus sehr erstaunt, da wir viele Menschen aus Europa und Amerika gesehen haben.
Ein Tipp von mir: Ihr könnt auch direkt nach Sarajevo fliegen. Bleibt mindestens drei Tage dort und genießt die wunderschöne Stadt. Es gibt dort sehr viel zu entdecken. Ich kann euch das Hotel Central empfehlen. Danach könnt ihr euch ein Auto mieten und für paar Tage nach Mostar fahren. Die Strecke nach Mostar dauert ca. zwei Stunden. Das nächste Mal werde ich mir für diese zwei Städte definitiv mehr Zeit nehmen.
Bosnien und Herzegowina – eine unterschätzte Perle
Ihr plant eine Bosnien-Tour, dann helfe ich euch gerne.
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